Zwar kommt es anfangs noch zu verhältnismäßig vielen Überschneidungen zwischen den Sortimenten des Leipziger und des Karl-Marx-Städter Versandhauses, da beide nicht auf die Aufnahme bekannt verkaufsträchtiger Waren in ihre jeweiligen Kataloge verzichten mögen. Mit der Zeit gelingt es jedoch immer besser, sich voneinander abzugrenzen und individuelle Profile zu entwickeln. Überhaupt erlebt die DDR in den 60er Jahren einen gewissen wirtschaftlichen Aufschwung, nachdem durch den Bau der Mauer am 13. August 1961die weitere Abwanderung von Arbeitskräften in den Westen auf drastische Art und Weise gestoppt wurde. Ebenfalls zu Verbesserungen führt das 1963 eingeführte „Neue ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft“ (NÖS), das auf eine Reduzierung der zentralen Planung und damit auf eine größere Eigenverantwortung der Betriebe setzt. So bemerkt 1967 auch der Spiegel „volle Schaufenster und steigende Umsätze“ in der DDR, sodass „im Gegensatz zur zählebigen West-Propaganda, im deutschen Osten die Brüder nicht mehr darben und die Schwestern nicht mehr hungern müssen. Denn nicht nur nach DDR-eigenen Erfolgsmeldungen hat sich der ostdeutsche Lebensstandard von Jahr zu Jahr gebessert. Auch nach den Erkenntnissen westlicher Experten steht fest: Die einst erheblichen Versorgungsschwierigkeiten der DDR sind weitgehend überwunden.“ So sind elektrische Kühlschränke und Waschmaschinen 1966 bereits in fast einem Drittel aller ostdeutschen Haushalte vorhanden und auch im Bezug auf Fernsehgeräte nähert man sich den bundesrepublikanischen Bestandszahlen. Das „Statistische Jahrbuch der Deutschen Demokratischen Republik“ sieht die DDR im direkten Vergleich gar im Vorteil, indem es den Produktionsumfang der TV-Geräte in Relation zur Einwohnerzahl der jeweiligen Länder setzt.
Zum Ende der 60er hin ist dann eine modernere Gestaltung der mittlerweile in – immer noch viel zu niedrigen – Auflagen von jeweils 550000 Exemplaren erscheinenden Kataloge zu beobachten, außerdem wird das „Konsum Versandhaus Karl-Marx-Stadt“ mit dem Herbst/Winter Katalog 1965 in „konsument – Versandhaus“ umbenannt und das „Versandhaus Leipzig“ heißt ab dem Herbst/Winter Katalog 1969 „CENTRUM – Versandhaus“.
| | |
| | |
| | |
| | |
Unübersehbar ist auch eine zunehmende Orientierung zum Westen hin, die im konsument- "Festivalkatalog" aus dem Jahr 1973 ihren Höhepunkt findet.Anlässlich der 10. Weltfestspiele der Jugend, „die die Jugend der Welt in Berlin, der Hauptstadt der DDR zusammenführen werden“, gibt man sich international und schreckt auch vor Berührung mit dem für den DDR-Normalbürger unerreichbaren kapitalistischen Ausland nicht zurück. So werden die Kleider diesmal nicht nur nach Städten wie Aue, Ahlbeck, Usedom und Prag benannt, sondern genauso nach Bremen, Aachen, Basel oder Hawaii. Hinzu kommen „Exoten“ wie der Hosenanzug „Kongo“ oder die Mädchenhose „Bagdad“. Auch eindeutig westliche Namen wie Ted, Judy oder Douglas werden herangezogen, die Krönung bilden aber sicherlich die Gürtelhose „Jupp“ und die Rundbundhose „Heino“. Dies ging den politisch Verantwortlichen dann doch zu weit, in einigen Teilauflagen des Kataloges wurden die entsprechenden Stellen geschwärzt und auch die Nachfolgekataloge ließ keine Zweifel mehr offen, welche Staaten als „Freundesland“ zu gelten hatten
|
|
| | |
| | |
. Aber die Versandhandelsgeschichte der DDR steuerte zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon ihrem Ende entgegen. Schwierigkeiten mit der neu eingeführten elektronischen Datenverarbeitung, wiederholte weit reichende Versorgungsschwierigkeiten mit Lieferausfällen von bis zu 50 Prozent sowie der gescheiterte Versuch einer Zusammenlegung der beiden Warenhäuser besiegelten schließlich das offizielle Aus zum 13.August 1976. Begründet wurde dies offiziell damit, dass die Versorgung der Landbevölkerung mittlerweile durch den Aufbau eines Netzes entsprechender Verkaufsstellen gesichert sei und der Versandhandel seine sowieso nur als Übergangslösung gedachte Aufgabe damit erfüllt habe
.
ZURÜCK WEITER→