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Schöne bunte Welt - Wohnraumfarben der 50er Jahre

 Text: Jörg Bohn / VG Wort Wissenschaft - Erstveröffentlichung im Sammlermagazin TRÖDLER, Heft 6 / 2010

 


Im Laufe der 1950er Jahre zog Farbe in die bundesdeutschen Wohnungen ein. Bei der Gestaltung der Innenräume beschränkte sich man sich jedoch nicht nur auf die heutzutage im Rückblick so gerne angeführten Pastelltöne, sondern setzte durchaus auch schon mal knallige Akzente. Auf das Schönste dokumentiert wird dies durch Werbeanzeigen in damaligen Zeitschriften.

 


                

                        

 

 

 



„Die Entdeckung kräftiger Farben und interessanter Farbkontraste für die Inneneinrichtung ist erst wenige Jahre alt, aber sie hat einen großen Widerhall gefunden. Heute scheint es uns selbstverständlich, dass jeder Sessel ein andersfarbiges Kleid trägt, heute greift mancher selbst zum Pinsel, um ältere Möbel heiter bunt anzustreichen, und man zaubert mit getönten Decken und Wänden die überraschendsten Effekte,“ beschreibt ein 1958 in der Zeitschrift Film und Frau zu lesender Bericht ein im modernen Stil eingerichtetes zeitgenössisches Haus, „in dem selbst das Bad das Farbenspiel mitmacht. Wie viel heiterer, lichter und individueller sind unsere Wohnungen geworden!“ 

In den unmittelbaren Nachkriegs- und frühen 50er Jahren ist eine solches „buntes Treiben“ jedoch noch nicht absehbar. Zwar erholen sich sowohl das Tischlerhandwerk als auch die Möbel herstellende Industrie verhältnismäßig schnell und fertigen nach Überwindung der anfänglichen Rohstoffknappheit schon bald wieder auf einem qualitativ hohen Niveau, doch ist von einem Mut zu neuen Formen und Farben noch wenig zu spüren. Im Gegenteil orientieren sich die Hersteller vornehmlich an den repräsentativ-wuchtigen Schrankungetümen der dreißiger Jahre oder verlegen sich gar auf den Bau von Stilmöbeln. Entsprechend unaufregend und konventionell präsentierte sich in der Regel die seinerzeitige Wohnraumgestaltung der Deutschen. Innenarchitektonische Farbenspiele bleiben vorerst auf einen überschaubaren Kreis von Wagemutigen beschränkt und sind im Rückblick vorzugsweise im Rahmen designorientierter Fachveröffentlichungen zu finden, die Einblick in die Räumlichkeiten von „Bessergestellten“, wie beispielsweise „einem Arzt, einem Fabrikanten oder einer Architektin“ gewähren. Otto Normalverbraucher hingegen, und damit der weitaus größte Teil der Bevölkerung, hat in den Mangeljahren nach Kriegsende und auch zu Beginn der Fünfziger ohnehin erst einmal noch ganz andere Probleme.

Wer nun also an der Alltagskultur der Wirtschaftswunderjahre interessiert ist und sich mit Hilfe zeitgenössischer Quellen auf die Spurensuche begeben will, ab wann denn diese „neue Farbigkeit“ eine größere Verbreitung gefunden hat, muss sich zunächst einmal vergegenwärtigen, dass das heutzutage für die allgemeine Meinungs- und Geschmacksbildung und damit für das Entstehen von Modeströmungen in hohem Maße verantwortliche Fernsehen noch in den Kinderschuhen steckte und folglich längst nicht die heute als so selbstverständlich hingenommene Breitenwirkung besaß. Zwar wurde Weihnachten 1952 mit der Ausstrahlung eines regelmäßigen Programms begonnen, doch erst drei Jahre später konnte der einhunderttausendste Fernseher registriert werden, ehe 1957 die Zahl der Empfänger erstmalig die Millionengrenze überschritt. Weit mehr Menschen erreichte zu Anfang des Jahrzehntes das Kino, doch auch dessen Trend setzende Funktion dürfte in dieser Hinsicht gering gewesen sein, da in der Gunst des Publikums vor allem in der Vergangenheit spielende Kostüm- und Historienschinken oder Operettenverfilmungen ganz weit vorne angesiedelt waren. Aber auch in den allermeisten zeitbezogenen Verfilmungen finden sich Rudolf Prack, Sonja Ziemann, Heinz Rühmann und Co. zunächst noch in eher altbackenem Wohnumfeld wieder, von modernem Wohnen ist beim „Schwarzwaldmädel“, beim „Förster vom Silberwald“ oder auf „Schloss Hubertus“ wenig bis gar nichts zu entdecken. Und dass das Radio, in der Vor-Fernseh-Zeit das Massenmedium schlechthin, den Zeitgenossen das optische Erlebnis farbig gestalteter Räume auf akustischem Wege in entscheidendem Maß näher zu bringen vermochte, ist wohl eher unwahrscheinlich. Fündig wird der Suchende schließlich in den damaligen Printmedien und darunter in erster Linie natürlich in den Illustrierten. Nicht vernachlässigt werden dürfen zudem die seinerzeit ausgesprochen beliebten und somit weit verbreiteten Ratgeberbücher, die zum Teil Auflagen in Millionenhöhe verzeichnen konnten. Hier wird der bewusste gestalterische Umgang mit Wohnraumfarben gegen Mitte des Jahrzehntes zu einem eigenständigen Thema. „Farben schenken gute Laune“, stellt beispielsweise die Zeitschrift Brigitte im Oktober 1954 fest und empfiehlt ihren Leserinnen: „Wir sollten deshalb viel mehr Farbe ins Leben bringen!“ Als Anregung dient eine zeichnerisch in Szene gesetzte Zimmereinrichtung, bei der „das Buchenbraun der Couch ausgezeichnet zu den gelben Vorhängen und dem gedämpften Blau des Teppichs passt“ und sich mit einem Arrangement von Sonnenblumen zu einem „vollen Farbakkord“ ergänzt. „Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, viele Farben würden ein Zimmer unruhig machen. Natürlich darf es kein Durcheinander geben.“ Auf einer weiteren Abbildung ist daher eine „Kombination von aufgearbeiteten Vorkriegsmöbeln in Gelb, Rot und Blau“ zu bestaunen. „Alte Möbel vertragen sehr gut Farbe. Es gab eine Zeit, da war fast jeder Möbelstoff rostbraun. Helle Farben vermied man nach Kräften.“ Dass diese Zeit aber augenscheinlich noch gar nicht vorbei ist, entlarvt der Blick in einen Quelle-Versandhauskatalog desselben Jahres: Sämtliche dort feilgebotenen Polstermöbel sind lediglich in zwei verschiedenen Bezugsstoff-Varianten lieferbar, der Kunde hat dabei die spärliche Wahl zwischen „kupfer“ und „mittelgrün“. Nichtsdestotrotz sind nun in Zeitschriften und Ratgebern immer häufiger Beiträge zu finden, die es als modern und daher erstrebenswert propagieren, möglichst farbenfroh eingerichtet zu sein. So schaffen ein „heller Schafwollteppich auf dunkelgrauem Gummifußboden, der neapelgelbe Vorhang vor den Fenstern, der blaue, handgewebte Bezug mit gelben Überkaros, der rote Sessel und dazu Pflanzengrün“ in einem beispielhaft vorgestellten Wohnraum eine farbenfrohe Atmosphäre und damit „behagliche Stimmung“, in einer anderen Wohnung „sind die zusammengesetzten Einzelschränkchen durch einen lustig bunten Anstrich nun besonders reizvoll geworden“. (Koch: Die Wohnung für mich). Begleittexte wie die zuletzt zitierten, in denen die Buntheit mehr oder weniger phantasievoll beschrieben wird, sind übrigens ein Muss, da die allermeisten Abbildungen zu dieser Zeit aus technischen- und/oder Kostengründen noch überwiegend in schwarzweiß abgedruckt werden müssen.

Doch nicht nur im Wohnbereich, sondern auch im „Reich der Hausfrau“ ist das Bedürfnis nach optischer Aufwertung erkennbar. Im Beitrag „Zeitgemäßes Wohnen“ in „Westermanns Monatshefte“ erfährt der Interessierte, dass1955 zwar viele Küchen in arbeitstechnischer Hinsicht bereits eine mehr oder weniger moderne Ausstattung vorweisen können, doch „das Gesicht aller dieser zeitgemäßen Küchen wirkt in seiner vollkommenen Zweckmäßigkeit schon fast unpersönlich und uniform.“ Eine Besserung ist jedoch in Sicht, denn „ein freundlicher, in Amerika geborener und in den Colora-Küchen der Firma Gebr. Leicht auch in Deutschland verwirklichter Einfall will dem abhelfen: Zarte Farbtönungen der einzelnen Anbauelemente sollen auch die Küche in jene Atmosphäre beschwingter Lebensfreude und menschlicher Wärme einbeziehen, die für uns Ausdruck und Ziel der neuen Wohnkultur ist.“

 


Erzielt wird dieser Effekt anfangs noch durch die altbewährte Versiegelung mit Schleiflack, erst 1958 wird eine Ausführung in „echtem Kunststoff“ beworben: „Die unempfindliche Oberflächenveredlung in den bewährten Farben schützt alle durch Küchendämpfe und Feuchtigkeit gefährdeten Ecken und Kanten durch ein Kleid aus fugenlos verformtem Kunststoff und schafft eine weit bessere Qualität unter Beibehaltung der eleganten Linienführung.“ Aber schon einige Jahre zuvor standen etliche in ihren Eigenschaften optimierte oder auch neu entwickelte Kunststoffe bereits in den Startlöchern und warteten auf ihren Einsatz:

 

                        

 

 

 

„In vielen Bereichen der Wohnung lassen sich die neuen unempfindlichen Plastiks anwenden, die sich längst vom Ersatzstoff zu einem wertvollen interessanten Werkstoff entwickelt haben. Vielfach sind die Esstische, ebenso wie Abstelltische und Servierwagen mit Resopal, Trolonit oder Formica bezogen, die Stühle und Sessel mit stoff- oder lederähnlichen Plastiks. Sie zeigen eine wunderbare Leuchtkraft der Farbe und einen feinen Glanz der Oberfläche.“ (Geyer: Möbel und Raum, 1955). Der aus dem Amerikanischen entliehene Oberbegriff „plastics“, der scheinbar für zeitgenössische Ohren - ganz im Gegensatz zu heutigem Empfinden - mit einem positiven Klang belegt war, wurde von der Industrie übrigens bewusst eingeführt, da dem „Kunststoff“ der Makel eines minderwertigen Ersatzstoffes anhaftete, seit in den Kriegs- und Nachkriegsjahren eine Vielzahl unausgereifter Typen, noch dazu auf ungeeigneten Gebieten, eingesetzt wurden. Von den mittlerweile unzweifelhaft vorhandenen positiven Eigenschaften lassen sich nun aber offensichtlich immer mehr Menschen begeistern, denn der schnell steigenden Präsenz des Themas in den zeitgenössischen Zeitschriften und Ratgebern nach zu urteilen, ziehen gegen Mitte des Jahrzehnts die Kunststoffe und damit auch die Farben in zunehmendem Maße in die bundesdeutschen Wohnungen ein.

Zu den bekanntesten Vertretern der „plastics“ gehört ohne Zweifel Resopal, das mittlerweile wohl zum Synonym schlechthin für kunststoffbeschichtete Oberflächen geworden ist.

 

                 

 

 

 

"Ausgangspunkt war, dass es 1930 der H. Römmler AG in Spremberg als einer der ersten Firmen gelang, ein transparentes Kunstharz zu entwickeln, das, im Gegensatz zu den bisher bekannten ausschließlich dunklen Kunststoffen, auch hell eingefärbt werden konnte. So besteht die Resopalplatte im Grundprinzip aus verschiedenen mit Kunstharz getränkten Lagen Papier, die unter Einwirkung von Hitze und mit großem Druck zusammengepresst werden. Verantwortlich für das endgültige Aussehen ist schließlich die oberste, nach dem aushärten des transparenten Harzes sichtbar bleibende Schicht, für die Dekorpapiere, Holzfurniere oder auch Textilien Verwendung finden können. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Oberfläche entweder glatt oder aber strukturiert zu gestalten. Eine lesens- und sehenswerte weiterführende Quelle zum Thema Resopal ist der Katalog „Die Ästhetik der Oberfläche“ zur gleichnamigen Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum. Dort ist auch zu erfahren, dass Ende der 30er Jahre von den Kunden noch vorzugsweise Naturstoffe imitierende Schichtstoffplatten mit holzähnlicher Optik gewünscht werden. Den Durchbruch erzielt Resopal erst nach dem Krieg, als man sich darauf besann, Kunststoffe in „eigener, werkstoffgerechter Ausdrucksform“ zu verarbeiten. Designexperten wie Hans Schwippert, Vorsitzender des Deutschen Werkbundes, erkennen nun die Chancen, die sich durch den sachgemäßen Einsatz von Kunststoffen bieten: „Überhaupt – die Farben! So etwas wie ein Farbenrausch, eine neu erwachende Farbfreudigkeit kündigt sich an…hier winken große Möglichkeiten, die nur erkannt, gebändigt, gestaltet werden wollen. Hier muss einen neue Verantwortlichkeit in Kraft treten.“

Von nicht wenigen Bundesbürgern aber wird beispielsweise die Küche „ noch nicht als haushaltstechnischer Raum behandelt, sondern mit barock-geschweiften Möbel ausgestattet“. Ein verstärkter Einsatz der Schichtstoffplatten „für die Herstellung von Küchenmöbeln würde eine Wandlung unseres Geschmacks oder zumindest unserer Gebrauchsgewohnheiten bedingen“ (Jahrhundert der Kunststoffe). Darauf Einfluss zu nehmen versucht beispielsweise Traute Tschirschwitz in ihrem 1954 erschienenen Ratgeber „betrifft Wohnung“: „Wie, Sie wissen nicht, was Resopal ist? Dann müssen Sie unbedingt weiter lesen…Praktisch und sehr elegant sind Resopal-Tischplatten. Sie können Resopal in allen Farben erhalten. Ebenfalls vorgestellt wird die Neuentwicklung Acella,

 

         

           

 

 

 

 

 

 

              


 


eine Folie aus Weich-PVC, ob deren vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sich die Autorin im Folgenden in einen wahren Farbenrausch hineinsteigert: „Wie fänden Sie für Ihre Küchensitzbank dicke quadratische Schaumgummipolster, mit Acella bezogen? Ihre Kinder werden Spaß haben, wenn jeder ein andersfarbiges Polster bekommt, Stefan ein rotes, Katrin ein gelbes, Tom ein blaues. Die Erwachsenen sitzen auf den alten Küchenstühlen, die rot gestrichen sind. Dazu eine Küchengardine aus blauem Acella. Ist Ihnen das zu bunt? Bitte, Sie können auch viel neutraler bleiben, ohne dass es langweilig wird.“ Wobei die „neutrale“ Version in diesem Fall immerhin auch noch „dunkelgraue Stühle mit rot-weiß gestreiften Kissen“ beinhaltet…Tendenziell liegt Tschirschwitz jedoch sicherlich richtig. So sind im „Ratgeber für Haus und Familie“ die Ergebnisse einer „aufschlussreichen Untersuchung“ nachzulesen, die zu der „wichtigen Erkenntnis“ kommt, dass Farben insbesondere „von der Jugend einmütig bejaht“ werden. Die bisher im Wohnbereich übliche Farbpalette wird beträchtlich erweitert. Man will „bunte, aber keine knalligen Zimmer.“ Die Beweggründe werden ebenfalls hinterfragt. So sieht „ein junger Schlosser“ den ganzen Tag im Betrieb kahle Wände und möchte wenigstens zuhause „fröhliche Farben“ um sich haben und ein“ Berliner Flüchtling“ bringt seinen Wunsch nach dem „farbenfreudigen Dekorationsmittel Tapete“ in knappen Worten auf den Punkt: „Ich will was Buntes an die Wände.“

 

         

Diverse Acella-Muster, 1963

 


 


 

       


 


 


Auch dafür ist das angesprochene, von den Hannoverschen Wachstuch- und Kunstlederwerken J.H. Benecke hergestellte Acella geeignet, mit dem seinerzeit zudem nicht nur Wäschetruhen, Schallplattenalben oder Schreibmappen überzogen, sondern in Form von Wandbespannungen auch die Innenräume von Restaurants, Geschäften oder gar kompletten Kinos verkleidet wurden.

 

                       

 

 

 

Trotz aller Werbeanstrengungen ist es vielen Ratgeber-Redakteuren 1956 aber offenbar immer noch nicht bunt genug. „Haben Sie Mut zur Farbe!“, fordert die Zeitschrift Constanze ihre Leser/innen auf, nachdem ein „namhafter Farbenspezialist“ behauptet hat, dass „in Deutschland mehr Beige als Grundton an die Wände gepinselt oder als Tapete geklebt wird, wie von allen anderen Farben zusammen. Die Menschen haben keinen Mut zur Farbe!“ Und so hat der Constanze-Fachmann „für alle Wohnlustigen – für jedes Temperament und jeden Geschmack - Beispiele bereit“ und präsentiert einen Raum in verschiedenen modernen, für heutiges Geschmacksempfinden jedoch – gelinde gesagt - sehr ungewöhnlichen Farbkombinationen wie beispielsweise braun, türkis und rosa. In einer als „lebhaft und lustig“ betitelten „Komposition“ sind im abgebildeten Zimmerausschnitt gar acht verschiedene Farben auszumachen, auf „drei Farben allein an Wänden und Decke“ bringt es eine als „eigenwillig und heiter“ eingestufte Zusammenstellung. Zum Schluss des Beitrags bekommt der verantwortliche Constanze-Redakteur jedoch scheinbar Angst vor der eigenen Courage: „Sie brauchen den Mut zur Farbe ja nicht gleich an der größten Wand erproben und auch nicht an dem teuersten Sessel. Man kann mit den Wänden des Flurs beginnen oder mit einer einfarbigen Tischdecke im Wohnzimmer….“ Insgesamt aber sind die Bundesbürger mittlerweile neuen Trends gegenüber aufgeschlossener geworden, denn mit stetig steigendem Wirtschaftswunderwohlstand und gestiegenen Konsumbedürfnissen ist die Zeit reif für Veränderungen nach innen wie nach außen. „Schöner wohnen besser leben“ ist ein häufig gehörtes Motto. „Die Zeit bleibt nicht stehen. Ein neuer Geist drückt sich in unserem Wohnen aus. Die Technik hat auch das Wohnbedürfnis reformiert. Helle, Einfachheit, äußerste Zweckmäßigkeit, klare Form und Farbigkeit bestimmen das Bild der heutigen Wohnung.“ „Das plumpe Plüschsofa wurde ersetzt durch eine leichte elegante Couch mit farbenfrohen Bezügen.“ Solche größenmäßigen Reduzierungen haben aber nicht nur geschmackliche Gründe, denn in Folge der durch die Kriegszerstörungen entstandenen Wohnungsnot ist die durchschnittliche Grundfläche der Zimmer beträchtlich gesunken. Aber eine „geschickte Einrichtung macht alles möglich, und Du glaubst nicht, wie viel Platz man findet, wenn man wenig Raum braucht!...Nur nicht zu viel Möbeln, Gerätschaften…“. Was klingt, wie einem Einrichtungsratgeber der 50er Jahre entnommen, ist bereits in Goethes „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ nachzulesen und zu dieser Zeit aktueller denn je. „Moderne Wohnkultur ist kein Luxus“, weiß auch die Zeitschrift „Das Schönste“, der gehetzte Mensch von heute braucht die beruhigende und zugleich anregende Atmosphäre lichter, freundlicher Farben und zart belebter Muster, einfach gefälliger Möbel und anschmiegsam weicher Stoffe, wenn er in seinem Heim Entspannung finden und seine strapazierten Nerven regenerieren will. Alles Schwere und Lastende, Muffige und Beengende, das den mehr der Repräsentation dienenden Räumen früherer Zeiten anhaftete, ist heute verpönt.“


                                                                                                                                                                          WEITER→

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